von Herrn Olvier Schöpf
Es ist wieder Fastenzeit. Immer mehr Menschen entdecken wieder im Verzicht ein Prinzip zur Anregung der Selbstheilungskräfte. Neben dem Verzicht auf Alkohol oder der Einschränkung von Smartphone- und Internetnutzung nehmen viele Menschen zwischen Aschermittwoch und Ostern eine Auszeit von bestimmten Nahrungsmitteln oder festgefahrenen Nahrungsgewohnheiten um dem Körper vor Eintritt des Frühjahrs eine Zeit der Stoffwechselentlastung zu verschaffen. Diese Maßnahme zum Verzicht auf opulente Mahlzeiten ist in allen Kulturen der alten Welt seit vielen Jahrhunderten fest verankert. Ziel ist es den Magendarmtrakt und weiterwirkend den gesamten Stoffwechsel für ein gewisse Zeit zu entlasten. Dieses Thema möchten wir wieder aufgreifen um das Augenmerk auf eine gewisse Form von Volkskrankheit zu lenken: Der löchrigen oder undichten Darm.
Nach vielen Jahrzehnten von Forschung und Beobachtung rückt
dieses zelluläre Phänomen in der Betrachtung von vielen immunologischen und degenerativen Erkrankungen in den Vordergrund.
Der löchrige Darm (engl. Leaky Gut Syndrom) ist eine Gewebsschädigung der Darmschleimhaut. Die Darmschleimhaut verhindert in letzter Instanz, dass ungewünschte
Verdauungsprodukte in den Blutkreislauf gelangen. Wird die Darmschleimhaut nachhaltig geschädigt, verliert sie ihre Barriere-Funktion. Die Folge ist eine dauernde Belastung des Immunsystems durch
Toxine oder eiweißhaltige Zwischenprodukte aus dem Verdauungsprozess. Diese schleichende „Blutvergiftung“ kann viele immunologisch Erkrankungen hervorrufen: Allergien, Autoimmunerkrankungen wie
Diabetes 1 oder Hashimoto-Schilddrüsenentzündung bis hin zu degenerativen Gelenksentzündungen. Aus diesem Grunde findet dieses Syndrom in der ganzheitlichen Medizin immer mehr Beachtung, da oft
Ursache und Manifestation von Erkrankung scheinbar weit auseinander liegen. Verursacher sind meist unnatürliche Nahrungsmittel, Genussgifte, zu häufige Antibiosen … die Liste ist
lang.
Die Darmschleimhaut verliert ihre Integrität und das Blut wird mit Molekülen belastet, die im Normalfall von den zellulären Barrieren zurückgehalten werden. Ob eine
Hyperpermeabilität der Darmschleimhaut vorliegt, kann mit Indikatorsubstanzen, wie unverdauliche Zuckerarten, im Labor sichergestellt werden.
Der Therapieansatz verlangt viel Zeit und Disziplin: Entfernen und Meiden der belastenden Nahrungs- und Genussmittel, Heilung der Darmschleimhaut, Aufbau der
Darmflora. Vielen Therapeuten macht diese Art von ernsthafter Vorerkrankung große Sorgen und Kopfschmerzen. Denn derjenige Therapeut, der sich diagnostisch diesem Thema nähert, wird keine
einfachen Darm- oder Magenmittel mehr verschreiben und angestrengt nach Lösungen suchen.
Im Vordergrund und damit die größte Herausforderung ist natürlich die Heilung der entstandenen Löcher im Zellverbund der Darmschleimhaut. Hierzu muss zunächst
ausreichende Produktion von Magensäure sichergestellt werden. Produziert der Magen nicht ausreichend Säure ist jede Darmtherapie ein aussichtloses Unterfangen. Schleimbildende Körner wie
Haferflocken, Leinsamen oder Flohsamen sollen im weiteren Therapieverlauf einen Schutzschild über die verletze und entzündete Schleimhaut legen. Okraschoten, Kochbananen, Kräuter etc. können
ebenfalls Linderung verschaffen. Danach noch probiotische Therapie. Doch der Erfolg ist oft überschaubar.
Wie häufig hilft der Zufall. Beim Studium von L-Glutamin und anderen Aminosäuren zur Darmtherapie ist der Blick auf die Kalbsfußbrühe nach Hildegard von Bingen
gefallen. Diese Rezeptur wird heute von Arthrose-Patienten mit erstaunlicher Wirkung verwendet und weiterempfohlen. Studiert man Zweck und Einsatz dieser Knochenbrühe in der Medizin der Hildegard
von Bingen wird man gewahr, dass diese Substanz ein zentraler Bestandteil der Klostermedizin war. Besonders in der Rekonvaleszenz wurden in der Vergangenheit Knochen- und Fleischbrühen
verabreicht. In der Darmtherapie ist die Kalbsfußvariante von unschätzbaren Wert, da diese Brühe ein besonderes Aminosäurenprofil aufweist. Vor allem Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen
spüren es sofort, dass sich etwas deutlich an ihrem „Bauchgefühl“ ändert. Als einfache Brühe ist sie vielseitig verwendbar und stört als flüssige Zugabe zu allerlei Gerichten kaum Geschmack oder
Textur der Speisen. Hat man eine Grundlage in der Darmtherapie gefunden, erzielen auch alle individuell erforderlichen Heilmittel wie Homöopathika, Probiotika oder Kräutermischungen eine bessere
Wirkung.
Oft muss man nicht neues erfinden um vermeintlich neue Gesundheitsprobleme oder gar handfeste Erkrankungen positiv zu beeinflussen. Wir sind Geschöpfe aus Fleisch
und Blut und Nahrung ist für uns entweder abträglich oder förderlich.
Herzlichen Dank an Herrn Oliver Schöpf den Verfasser dieses interessanten Artikels und an Herrn Peter-Georg Rademacher